Schneller geschieden nach italienischem Recht in Deutschland
Viele Eheleute mit italienischer Staatsangehörigkeit, die in Deutschland leben sind überrascht, wie sehr sich das italienische Scheidungsrecht in den letzten Jahren verändert hat. Daher sollte Italiener überlegen, ob es für sie besser ist, italienisches Recht bei einer Scheidung in Deutschland zu wählen. Das geht mit einer Rechtswahlvereinbarung.
Noch vor wenigen Jahren galt Italien als eines der Länder mit den längsten Wartezeiten bis zur Scheidung. Doch mit der Reform von 2015 hat sich das geändert:
Das neue „divorzio breve“ („kurze Scheidung“) hat die Verfahren spürbar beschleunigt – und macht die Trennung für viele Paare einfacher.
Trotzdem bleibt eines wichtig: Auch beim divorzio breve führt der Weg zur Scheidung über eine formell festgestellte Trennung.
Wer das berücksichtigt, kann die Vorteile dieser Reform optimal nutzen.
Hintergrund: Früher drei Jahre Wartezeit
Bis 2015 musste in Italien zwischen der gerichtlichen Trennung und der Scheidung eine Frist von drei Jahren liegen.
Diese starre Regelung führte dazu, dass viele Eheleute jahrelang in einem unklaren Zwischenstatus lebten – rechtlich getrennt, aber noch nicht geschieden.
Das war nicht nur unpraktisch, sondern passte auch nicht mehr zu modernen Lebensrealitäten.
Der Gesetzgeber hat darauf reagiert und mit dem Gesetz Nr. 55 vom 6. Mai 2015 eine grundlegende Reform eingeführt: das „divorzio breve“.
Was ist das „divorzio breve“?
Das divorzio breve ist die verkürzte Form der Scheidung nach italienischem Recht.
Es bedeutet: Die Zeitspanne zwischen der Trennung und der eigentlichen Scheidung wurde deutlich reduziert.
Heute gilt:
- 6 Monate Wartezeit bei einvernehmlicher Trennung,
- 12 Monate Wartezeit bei streitiger Trennung.
Erst nach Ablauf dieser Frist kann der Scheidungsantrag gestellt werden.
Damit wurde die Wartezeit auf ein Fünftel der früheren Dauer verkürzt – eine erhebliche Verbesserung für alle, die ihre Ehe rechtlich beenden wollen, ohne jahrelang auf den nächsten Schritt zu warten.
Warum das „divorzio breve“ ein Fortschritt ist
Die Reform von 2015 hat das italienische Familienrecht zeitgemäßer und praxistauglicher gemacht.
Eheleute können sich heute deutlich schneller scheiden lassen, wenn sie sich über die Trennung einig sind.
Vorteile auf einen Blick:
✅ Kürzere Frist:
Nur 6 Monate bei einvernehmlicher Trennung – das ist sogar kürzer als das deutsche Trennungsjahr.
✅ Einvernehmliche Lösungen gefördert:
Das Gesetz belohnt Paare, die sich gütlich einigen, mit einem deutlich schnelleren Verfahren.
✅ Weniger Konfliktpotenzial:
Da die Trennungszeit verkürzt ist, steigt die Chance, dass sich Konflikte nicht unnötig verhärten.
✅ Moderne Alternativen zur Gerichtstrennung:
Seit 2014 kann die Trennung auch außergerichtlich, also vor einem Anwalt oder Notar, erklärt werden, wenn keine minderjährigen Kinder betroffen sind.
Diese Reform zeigt: Italien hat verstanden, dass lange Verfahren niemandem helfen – weder den Ehepartnern noch den Gerichten.
Aber: Die Trennung bleibt Voraussetzung
Trotz dieser Modernisierung bleibt der Grundgedanke des italienischen Scheidungsrechts erhalten:
Eine formelle Trennung („separazione personale“) ist weiterhin zwingend erforderlich.
Das bedeutet:
- Die Eheleute müssen die Trennung gerichtlich feststellen lassen, oder
- – bei Einvernehmen – eine notarielle bzw. anwaltlich beurkundete Vereinbarung über ihre Trennung schließen.
Erst wenn diese Trennung offiziell bestätigt ist, beginnt die Frist für das divorzio breve zu laufen.
Ein bloßes „Getrenntleben“ im Alltag reicht nicht aus.
Die gerichtliche Trennung („separazione giudiziale“)
Wenn die Ehepartner sich über die Trennung oder deren Folgen (z. B. Unterhalt, Sorge, Vermögen) nicht einigen können, wird die Trennung gerichtlich ausgesprochen.
Das Gericht entscheidet in diesem Verfahren, wer die Verantwortung für das Scheitern der Ehe trägt und wie finanzielle Fragen zu regeln sind.
Erst mit dem Beschluss des Gerichts beginnt die Frist von 12 Monaten, nach deren Ablauf der Scheidungsantrag gestellt werden darf.
Die einvernehmliche Trennung („separazione consensuale“)
Wenn sich die Eheleute über alles einig sind, kann die Trennung einvernehmlich erfolgen.
Das ist der häufigste und einfachste Weg.
Die Partner unterschreiben dabei eine Trennungsvereinbarung, die:
- entweder vom Gericht bestätigt,
- oder – seit 2014 – von einem Anwalt oder Notar beurkundet und registriert wird.
In diesem Fall beträgt die Wartefrist nur 6 Monate.
Das bedeutet: Nach einem halben Jahr kann bereits der Antrag auf Scheidung gestellt werden – schneller als in fast allen anderen EU-Ländern.
Gesetzliche Grundlage: Art. 3 Legge 1 dicembre 1970, n. 898
„La domanda di scioglimento o cessazione degli effetti civili del matrimonio può essere proposta da uno dei coniugi soltanto dopo che sia trascorso un periodo di sei o dodici mesi dalla comparizione dei coniugi davanti al presidente del tribunale nella procedura di separazione personale.“
Diese Vorschrift macht deutlich:
Die Trennung ist der Schlüssel – sie löst die Wartefrist aus, nach deren Ablauf die Scheidung möglich wird.
Ohne eine förmliche Trennung läuft keine Frist und keine Scheidung.
Vergleich: Italienisches „divorzio breve“ und deutsches Scheidungsrecht
|
Merkmal |
Italien („divorzio breve“) |
Deutschland |
|
Beginn der Trennung |
Gerichtliche oder notarielle Feststellung |
Tatsächliche Trennung ohne gerichtliche Bestätigung |
|
Mindestdauer bis Scheidung |
6 Monate (einvernehmlich) / 12 Monate (streitig) |
12 Monate |
|
Notwendigkeit gerichtlicher Trennung |
Ja |
Nein |
|
Möglichkeit der außergerichtlichen Lösung |
Ja, seit 2014 (Anwalt/Notar) |
Nicht erforderlich |
|
Versorgungsausgleich |
Kein gesetzlicher Automatismus |
Zwingend durchzuführen, wenn nicht ausgeschlossen |
Ergebnis:
Das italienische divorzio breve ist in der Praxis schneller, wenn die Trennung einvernehmlich erfolgt.
Allerdings bleibt der formelle Charakter der Trennung ein Nachteil gegenüber deutschem Recht.
Wann ist italienisches Recht vorteilhaft?
Das divorzio breve bietet Vorteile, wenn:
- beide Ehepartner italienische Staatsangehörige sind oder dort lebten,
- die Trennung einvernehmlich erfolgt,
- und kein Versorgungsausgleich gewünscht ist.
In solchen Fällen kann das italienische Recht – im Vergleich zum deutschen – eine schnellere und unbürokratischere Scheidung ermöglichen.
Vor allem, wenn bereits eine Trennung in Italien festgestellt wurde, kann die Scheidung oft zügig abgeschlossen werden.
Rechtswahl: Wann Sie deutsches Recht bevorzugen sollten
Nach der Rom-III-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1259/2010) können internationale Ehepaare auch wenn Sie in Deutschland leben, wählen, dass italienisches Scheidungsrecht auf ihre Scheidung anzuwenden ist.
Das ist möglich, wenn
- ein Ehepartner Italiener ist oder
- die Ehepartner – unabhängig von ihrer Nationalität – bis vor weniger als einem Jahr in Italien gelebt habe und einer dort auch gegenwärtig noch lebt oder
- beide Ehepartner Italiener sind.
In vielen Fällen ist es sinnvoll, deutsches Recht zu wählen, insbesondere:
- wenn Sie bereits getrennt leben oder
- wenn Sie den Versorgungsausgleich nach deutschem Recht wollen.
Als erfahrener Anwalt im internationalen Scheidungsrecht prüfe ich mit Ihnen, welche Rechtswahl in Ihrem Fall die beste Lösung bietet.
Beispiel: Scheidung in Deutschland nach italienischem Recht
Ein deutsches Ehepaar lebte viele Jahre in Mailand. Nach der Trennung kehrten beide nach Deutschland zurück.
Da der Ehemann Italiener ist, konnte das Paar wählen, ob deutsches oder italienisches Recht gelten soll.
Da die Trennung bereits in Italien notariell festgestellt war, entschieden sie sich für das italienische divorzio breve.
Nur sechs Monate später war die Ehe endgültig geschieden – das gesamte Verfahren lief über das zuständige deutsche Familiengericht, das das italienische Recht anwandte.
Ein gutes Beispiel dafür, wie sich die Vorteile des italienischen Rechts mit der deutschen Gerichtszuständigkeit kombinieren lassen.
Fazit: Italien modernisiert – aber die Trennung bleibt Pflicht
Das neue divorzio breve ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer modernen, europäischen Familienrechtspraxis.
Es bietet Eheleuten in Italien – oder mit italienischem Bezug – die Möglichkeit, ihre Ehe deutlich schneller aufzulösen als früher.
Doch der Kern des Systems bleibt:
➡️ Ohne formelle Trennung keine Scheidung.
Wer diese Voraussetzung kennt und richtig nutzt, kann das Verfahren optimal gestalten – und von der neuen italienischen Regelung profitieren.
Ich unterstütze Sie dabei, die richtige Strategie zu wählen und das für Sie günstigste Recht anzuwenden – selbstverständlich vor einem deutschen Gericht.
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