🧭 Verschiedene Staatsangehörigkeiten – welches Recht gilt bei der Scheidung?
Mit einer Rechtswahlvereinbarung können Ehepartner selbst entscheiden, welches Scheidungsrecht angewendet wird.
Wenn Ehepartner unterschiedliche Staatsangehörigkeiten haben und/oder sie im Ausland lebt, stellt sich im Scheidungsverfahren eine zentrale Frage:
👉 Welches Recht gilt?
Gerade bei deutsch-ausländischen Ehen oder bei im Ausland lebenden Deutschen, für deren Scheidung deutsche Gerichte zuständig sind, ist die Rechtswahlvereinbarung entscheidend.
Sie bestimmt, welches nationale Recht auf die internationale Scheidung angewendet wird – und unterliegt unterschiedlichen Formvorschriften.
⚖️ 1. Warum eine Rechtswahlvereinbarung so wichtig ist
In Ehen mit internationalem Bezug können die Scheidungsfolgen sehr unterschiedlich
ausfallen, etwa bei:
- der Trennungsdauer,
- der Unterhaltsregelung,
- dem Versorgungsausgleich,
- oder der Anerkennung einer Scheidung im Ausland.
Mit einer wirksamen Rechtswahlvereinbarung legen die Ehepartner selbst fest, welches Recht gelten soll –
und vermeiden so Unsicherheiten, doppelte Verfahren oder Zuständigkeitsstreitigkeiten.
📚 2. Gesetzliche Grundlagen: Rom-III-Verordnung und deutsches Recht
a) Rom-III-Verordnung (EU Nr. 1259/2010)
Das deutsche internationale Scheidungsrecht regelt seit 2012 die Rom-III-Verordnung,
denn Deutschland hat sie in das eigene Rechtssystem übernommen.
Das heißt konkret:
- Auch wenn beide Ehepartner außerhalb der EU leben,
- und selbst wenn der andere Staat die Rom-III-Verordnung nicht kennt,
- wendet das deutsche Gericht (bei eigener Zuständigkeit) die Rom-III-Regeln an, um das anwendbare Recht zu bestimmen.
b. Nach Art. 5 Rom III können Ehegatten wählen zwischen:
- dem Recht des Staates, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt hatten,
- dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer oder beide besitzen,
- dem Recht des Staates, in dem das Gericht angerufen wird.
Diese Wahl ist jederzeit, spätestens aber bis zur Antragstellung beim Gericht, möglich.
⚖️ 3. (Form-) Voraussetzungen der Rechtswahl
a. Grundsätzliches
Eine Rechtswahlvereinbarung muss:
- schriftlich abgefasst,
- datiert und
- von beiden Ehegatten unterzeichnet
Diese Grundform gilt als Mindeststandard.
b. Nationale Zusatzformen bei gemeinsamem Aufenthalt
Art. 7 Abs. 2 Rom-III-Verordnung:
„Sieht jedoch das Recht des teilnehmenden Mitgliedstaats, in dem beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, zusätzliche Formvorschriften für solche Vereinbarungen vor, so sind diese Formvorschriften anzuwenden.“
Damit erlaubt und verpflichtet die Verordnung die Anwendung nationaler zusätzlicher Formvorschriften,
wenn beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl im selben teilnehmenden Mitgliedstaat ansässig sind.
c. Absatz 3 und 4 Rom-III-Verordnung; weitere Konstellationen
- Leben die Ehepartner in verschiedenen teilnehmenden Mitgliedstaaten, genügt es, wenn die Vereinbarung den Formvorschriften eines dieser Staaten entspricht (Art. 7 Abs. 3).
- Hat nur einer der Ehepartner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem teilnehmenden Mitgliedstaat, gelten die strengeren Formvorschriften dieses Staates (Art. 7 Abs. 4).
d. Die deutsche Sonderregel (Art. 14 Abs. 1 Satz 3 EGBGB)
Deutschland muss es – wie so oft – mal wieder komplizierter gestalten, weil unter gewissen Voraussetzungen die Rechtswahl notariell beurkundet werden muss.
Die Pflicht zur notariellen Beurkundung greift immer dann, wenn
- beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.
Damit verlangt Deutschland eine notarielle Beurkundung auch für die bloße Rechtswahl über das auf die Scheidung anwendbare Recht – unabhängig davon, ob weitere vermögensrechtliche Regelungen getroffen werden.
Trotz dieser Sonderregelung ist eine im Ausland geschlossene Rechtswahlvereinbarung aber voll wirksam, wenn sie die Ehevertragsform nach dem gewählten Recht oder dem Recht des Abschlussortes wahrt. Erlaubt also das ausländische Recht eine Rechtswahl ohne notarielle Beurkundung und wird die Vereinbarung im Ausland geschlossen, so braucht es keinen Notar.
⏰ 4. Wann kann eine Rechtswahl getroffen werden?
- Vor der Eheschließung,
- während der Ehe,
- bis zur Anrufung des Gerichts (Art. 5 Abs. 3 Rom III),
- auch noch während des Scheidungsverfahrens (dann aber nur noch durch Anwaltsvereinbarung oder zu Protokoll des Gerichts).
🔍 5. Typische Fallkonstellationen
Fall 1: Ehe in Deutschland, gemischte Staatsangehörigkeiten
Ein deutscher Mann und eine vietnamesische Frau leben in Hamburg.
Sie können zwischen deutschem und vietnamesischem Recht wählen.
Da ihr gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland liegt, muss die Vereinbarung notariell beurkundet werden (§ 14 Abs. 1 S. 3 EGBGB).
Fall 2: Beide Ehegatten leben im Ausland, einer ist Deutscher
Ein deutsches Ehepaar lebt dauerhaft in Frankreich. Wird die Rechtswahlvereinbarung in Frankreich geschlossen ist dies nach Art. 172 Code Civil Frankreich durch einfach schriftliche Vereinbarung zulässig.
Fall 3: Ehe außerhalb der EU
Ein deutscher Ehemann und eine südafrikanische Ehefrau leben in Kapstadt.
Die Rechtswahlvereinbarung muss nicht notariell beurkundet werden, weil das südafrikanische Recht die einfache Schriftform ausreichen lässt.
✅ 6. Fazit
Eine Rechtswahlvereinbarung bietet Sicherheit und Klarheit –
aber nur, wenn sie formwirksam geschlossen wird.
Die Kanzlei Twitting berät Sie direkt:
Festnetz aus Deutschland: 02331 409319
Festnetz aus dem Ausland: +492331409319
Handy: +491721570178
E-Mail: info@twitting.eu